Vernichtungsstrategien der KPCh im größten Überwachungsstaat der Welt.

Seit 2014 errichtete die chinesische Regierung in Xinjiang ein riesiges Netz von Straflagern für ethnische Minderheiten, vorwiegend muslimische Uiguren und Kasachen. Trotz immer neuer erdrückender Beweise bezeichnet Peking sie unverdrossen als „Berufsbildungslager“, in denen sich alle „Schüler freiwillig“ aufhielten. Doch die Realität sieht anders aus: Die Insassen müssen Zwangsarbeit leisten, werden gefoltert, vergewaltigt, für medizinische Versuche missbraucht und einer Gehirnwäsche unterzogen. Sie sollen ihre Identität aufgeben und zu willigen chinesischen Staatsdienern werden. Schätzungsweise drei Millionen Menschen sind in diesem größten Gulag unserer Zeit interniert.

Nach dem großen Erfolg der Kronzeugin konzentriert sich Cavelius in diesem Buch auf die Interviews und Protokolle von fünf Zeuginnen, die in diesen Lagern gefangen gehalten wurden und die einen erschütternden Einblick in die Machenschaften des weltweit größten Überwachungsstaats geben. Die Überlebenden berichten ihr über Zwangsarbeit, von der auch der Westen profitiert, über Folter und Gehirnwäsche, über systematische Vergewaltigungen, über die „Familienkampagne“, bei der muslimische Frauen das Bett mit einem Chinesen teilen müssen, über Zwangssterilisationen und Abtreibungen. Sauytbay widmet sich der Analyse einzelner thematischer Schwerpunkte. Als langjähriges KPCh-Mitglied kennt sie das Denken der Kader genau, und als Gefangene des Systems hat sie die Auswirkungen dieser Politik am eigenen Leib erfahren.

Gemeinsam zeigen die Autorinnen, wie die Volksrepublik China versucht, ihren politischen und wirtschaftlichen Einfluss mit allen Mitteln bis nach Afrika und Europa auszudehnen. Und sie machen deutlich, warum dieses rücksichtslose Vorgehen Pekings für die westlichen Demokratien eine der größten Bedrohungen unserer Zeit darstellt.

Autorinnen
Alexandra Cavelius
ist freie Autorin und Journalistin. Sie publizierte in renommierten Magazinen und schrieb in mehrere Sprachen übersetzte Bestseller wie Die Himmelsstürmerin und Leila – ein bosnisches Mädchen. Zu ihren jüngsten erfolgreichen Werken zählen die Geschichte der Jesidin Shirin Ich bleibe eine Tochter des Lichts oder Die Psychologie des IS. Letzteres hat sie in Zusammenarbeit mit dem international anerkannten Traumatologen Jan Ilhan Kizilhan verfasst. Es folgte die Biografie über Sayragul Sauytbay: Die Kronzeugin, die Cavelius auf Basis vieler Interviews aufgezeichnet hat. Zuletzt erschien auf der Grundlage ihrer vielfachen Recherchen über Krieg, Glauben und Ideologien der Historienroman Die Assassinin.

Sayragul Sauytbay
, geboren 1977 in dem autonomen kasachischen Bezirk Ili in der chinesischen Provinz Xinjiang, studierte Medizin, arbeitete zunächst als Ärztin in einem Krankenhaus und wurde später vom chinesischen Staat als Direktorin für mehrere Vorschulen eingestellt. Als die chinesische Regierung massiv gegen uigurische und kasachische Minderheiten vorgeht, reisen ihr Mann und ihre Kinder 2016 nach Kasachstan aus. Sie selbst erhält kein Ausreisevisum, wird mehrmals verhört, schließlich verhaftet und in einem Umerziehungslager gezwungen, als Ausbildern zu arbeiten. Dadurch erhält sie Einblick in das Innerste dieses Systems. Als man ihr nach drei Tagen in Freiheit erneut das Straflager androht, flieht sie nach Kasachstan, wo ihr Prozess zu den größten Protesten in der Geschichte des Landes führt, denn auch in Kasachstan vermissen Tausende Menschen ihre Verwandten in den Straflagern Xinjiangs. Trotzdem wird sie monatelang inhaftiert, ehe Schweden ihr und ihrer Familie Asyl gewährt. 2020 wird sie vom Außenministerium der USA mit dem International Women of Courage Award ausgezeichnet, 2021 erhielt sie den Internationalen Nürnberger Menschenrechtspreis, der 2022 – aufgrund der Corona-Pandemie mit leichter Verspätung – an sie vergeben wird.

China-Protokolle

Autorinnen: Alexandra Cavelius, Sayragul Sauytbay
416 Seiten, gebunden
Europa Verlag
Euro 22,00 (D)
Euro 22,70 (A)
ISBN 978-3-95890-430-9