Clara und ihre Morde

Wien 1909: Junggeselle Johann Glücksstein ist fasziniert von der schönen Clara, die zusammen mit ihrem Mann Egon und den beiden Kindern in die benachbarte Villa im wohlhabenden Viertel Hietzing einzieht. Clara pflegt einen extravaganten Lebensstil, doch dann ereilt die Familie ein schreckliches Schicksal: Bei einem Arbeitsunfall verliert Egon ein Bein. Aber war es tatsächlich ein Unfall? Es gehen Gerüchte um, und die makellose Fassade von Clara beginnt zu bröckeln – was verbirgt die engelsgleiche Frau?

Die Kriminalstatistik zeigt: Serienmorde werden fast ausschließlich von männlichen Tätern verübt – doch es gibt Ausnahmen von dieser Regel. Die Wiener Autorin Sophie Reyer nähert sich in »Clara und ihre Morde« der Lebensgeschichte einer Serientäterin, die Anfang des 20. Jahrhunderts im noblen Stadtteil Hietzing lebte und ganz Österreich in Atem hielt. Basierend auf den wahren Ereignissen entwickelt die Autorin einen eindrucksvollen, dichten und psychologisch feinsinnigen Roman.

Im Spannungsverhältnis von narrativer Distanz, aber auch Respekt umkreist sie die Figur einer Mörderin, die grausam und skrupellos getötet hat und doch auch ein Opfer ihrer Umstände war. Einfühlsam schildert sie, wie eine traumatische Kindheit einen Menschen das ganze Leben lang begleiten und zu kriminellen Taten veranlassen kann. Die große Kunst ihrer Darstellung besteht darin, dass sie Claras Schicksal nie als gegeben annimmt und aufzeigt, wie anders sich die Geschichte hätte entwickeln können – um dann doch tragisch zu enden. Reyer schildert brillant, wie sich Clara aus ihrer Opferrolle herauskämpft, dabei jedoch jegliche Kontrolle und Urteilskraft verliert und letztendlich selbst zur Täterin wird. Der Text schafft es, diffuse, schwer greifbare Gefühle in poetische, federleicht anmutende und doch von Melancholie durchtränkte Worte zu fassen.

Historische Fakten und phantasiereiche Fiktion kunstvoll verwoben zu einem absolut außergewöhnlichen Roman.

Autorin
Sophie Reyer
wurde 1984 in Wien geboren, wo sie auch heute lebt. Nach dem Studium an der Kunsthochschule für Medien Köln erlangte sie 2017 den Doktor der Philosophie in Wien. Sophie Reyer hat bereits zahlreiche Theaterstücke sowie Romane geschrieben, die unter anderem bei S. Fischer, Edition Atelier oder Czernin erschienen. Sie erhielt 2010 und 2013 den Literaturförderpreis der Stadt Graz und 2013 den Preis »Nah dran!« für das Kindertheaterstück »Anna und der Wulian«. Sie gibt zudem Lehrgänge für Film-, Medien- und Theaterwissenschaft an der Uni Wien und der Pädagogischen Hochschule Hollabrunn.

Clara und ihre Morde
Autorin: Sophie Reyer
240 Seiten, Broschur
emons:
Euro 12,00 (D)
Euro 12,40 (A)
ISBN 978-3-7408-1245-4