Um 1500 werden in den Karten der frühen Kartographen und Berichten von Abenteurern und Reisenden erstmals die Spuren einer Nation erkennbar, die Jahrhunderte später Goethe und Schiller hervorbringen wird, aber auch den größten Massenmord der Weltgeschichte zu verantworten hat. Ist dieses „Deutschland“ eine Nation mit einer festen Identität und einem angestammten „Volk“, oder ist es weit eher ein historischer Raum, in dem sich konkurrierende Vorstellungen davon, was Deutschland ist oder werden soll, permanent ablösen?

Helmut Walser Smith geht in seinem elegant geschriebenen Werk der „longue durée“ der deutschen Geschichte nach und hält die Idee der Nation und die Ideologie des Nationalismus so hellsichtig auseinander, wie es wohl nur einem Beobachter von außen möglich ist. Imaginationen von Deutschland und deutsche Wirklichkeiten stoßen in seinem geradezu anti-essentialistischen Buch hart aufeinander und entladen sich im 20. Jahrhundert in nationalistischen Exzessen, die Walser Smith ebenso eindringlich wie schonungslos schildert.

Bis hin zur Bundestagsrede von Navid Kermani und den aktuellen Versuchen der AfD, sich der deutschen Geschichte zu bemächtigen, reicht diese kluge Meditation über Deutschland und das Erbe seiner Vergangenheit.

Autor
Helmut Walser Smith
lehrt Geschichte an der Vanderbilt University in Nashville, Tennessee, und ist Autor der Bücher „Die Geschichte des Schlachters. Mord und Antisemitismus in einer deutschen Kleinstadt“ sowie „Fluchtpunkt 1941. Kontinuitäten der deutschen Geschichte“.

Deutschland
Autor: Helmut Walser Smith
667 Seiten, mit 43 Abb., 23 Karten und 7 Gafiken, gebunden
C.H.Beck
Euro 34,00 (D)
ISBN 978-3-406-77415-7