Eine Asylrichterin taumelt zwischen Macht und Ohnmacht.

Gabrielle ist Asylrichterin. Auf ihr Geheiß hin dürfen Menschen im Land bleiben – oder müssen es verlassen. Täglich bestimmt sie über Schicksale. Doch worauf fußen diese Urteile? Sind es sachlich nachvollziehbare Gründe? Sind sie politisch motiviert? Wirken dabei unbewusst auch persönliche Sympathien mit? Die Entscheidung, die Gabrielle heute trifft, kann morgen unter neuen Umständen schon wieder falsch erscheinen. Die Konsequenzen aber sind nicht rückgängig zu machen. Als das Gerücht umgeht, jemand wolle sich für ein Urteil an Gabrielle rächen, gerät ihr Leben aus den Fugen. Wird sie verfolgt? Oder ist alles nur Einbildung? Was wirklich ist, verliert für sie immer mehr seine Konturen.

Gabrielle ist eine Frau in einer Machtposition. Während sie am Gericht einen Beruf mit gesellschaftlicher und politischer Reichweite ausübt, geht ihr frühpensionierter Mann zuhause seinem Putzzwang nach. Eigentlich hat sich das kinderlose Paar gut eingerichtet. Aber auch dort wird die vermeintliche Ordnung erschüttert. Als Gabrielle eines Tages nach der Arbeit nach Hause kommt, glaubt sie ihren Augen nicht: Trägt ihr Mann tatsächlich heimlich ihre Kleider? Welche Unsicherheiten tun sich für die Asylrichterin auch im scheinbar sicheren Rückzugsgebiet des Privaten auf?

Lydia Mischkulnig ist eine sprachmächtige und unbestechliche Beobachterin: Mit psychologischem Tiefgang gibt sie Einblick in einen Berufsalltag, der uns sonst verschlossen bleibt. Schonungslos spürt sie die Sprünge auf, die unseren fragilen, vermeintlich klaren Blick auf die Welt durchziehen.

Autorin
Lydia Mischkulnig
, geboren 1963 in Klagenfurt, lebt und arbeitet in Wien. Mehrfach ausgezeichnet, u.a. Bertelsmann-Literaturpreis beim Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb (1996), Manuskripte-Preis (2002), Elias-Canetti-Stipendium der Stadt Wien (2007), Österreichischer Förderpreis für Literatur (2009), Joseph-Roth-Stipendium (2010), zuletzt Veza-Canetti-Preis und Johann-Beer-Literaturpreis (beide 2017). Bei Haymon erschienen: „Hollywood im Winter“. Roman (1996, HAYMONtb 2012), „Macht euch keine Sorgen“. Neun Heimsuchungen (2009), „Schwestern der Angst“. Roman (2010, HAYMONtb 2018), „Vom Gebrauch der Wünsche“. Roman (2014) und „Die Paradiesmaschine“. Erzählungen (2016). 2020 erschien Lydia Mischkulnigs neuer Roman „Die Richterin“.

Die Richterin

Autorin: Lydia Mischkulnig
296 Seiten, gebunden
Haymon Verlag
Euro 22,90 (D)
ISBN 978-3-7099-8110-8