Kensington Road „Sex Devils Ocean“

Die Entstehung der Berliner Band Kensington Road begann auf einem Dachboden in der, man ahnt es schon, Kensington Road im beschaulichen Charlottetown in Kanada. Hierher verschlug es Bandgründer und Reisefan Stefan Tomek als er mal raus wollte aus dem Alltag und kurzerhand Freunde besuchte, die er ein Jahr zuvor auf einer Backpacker-Tour kennengelernt hatte. Auf diesem Dachboden, umringt von haufenweise Musikinstrumenten und einer Matratze als Bettlager, begann seine musikalische Entwicklung und der Weg in die dortige Musikszene war schnell geebnet. „Da wurde auf allem musiziert was vorhanden war – Gitarren, alte Bässe, Pumporgel bis hin zu Löffeln und Kämmen. Die nächste Session war immer in der Nähe, ob zu Hause oder im Studentenclub oder Pub“. In dieser Zeit wurde er quasi musikalisch sozialisiert mit Rockmusik und sein englisches Songwriting ist bis heute eng damit verbunden.

Zurück in Berlin ließ ihn die gelebte, musikintensive Zeit nicht los und er war sicher, dass man in der Berliner Musikszene mit etwas Glück, Schicksal und Hartnäckigkeit, frei nach dem Motto „Wer suchet der findet“, auch eine Band zusammenstellen kann. Er sollte recht behalten und fand auf Festivals und der bunten Musikszene der Hauptstadt genau die richtigen Mitstreiter um step by step durchzustarten. Das erste Album „A Story From Somewhere In Between“ (2009) wurde von Kritikern hoch gelobt und der Song „Personal Transcendental Experience“ wurde 2010 offizieller Song der DTM Meisterschaft sowie fester Bestandteil der Fernsehübertragung und Rennstreckensong bei der Siegerehrung. 2011 folgte mit „The Last Living Giant“ das zweite Album, dessen Song „So Alive“ sich die DTM erneut als Rennsaison-Hit sicherte. In diesem und dem darauffolgenden Jahr wurden die Bühnenbretter ihr Zuhause und sie begleiteten internationale Größen wie Mando Diao, Sunrise Avenue oder Hurts. Nach einer Kreativpause meldeten sie sich mit der „The White Noise EP“ (2015) zurück. Eine erneute umfangreiche Tour spielten sie 2017, bevor 2018 der dritte Longplayer „Lumidor“ erschien, der sich aus dem Stand heraus Platz 30 der deutschen Albumcharts sicherte. Für eine Independent Band, die bis dahin als Geheimtipp galt, eine reife Leistung.

Es ist der Sound von Kensington Road, der einen Roadtrip für die Ohren der Rockfans garantiert. Einprägsam und authentisch, zwischen Indie-Hymnen und Alternativ-Rock und einem Songwriting, das im Kern optimistisch und motivierend ist. Wie bei jeder jungen Band war anfangs die Devise „The Sky is the limit“ und heute wird es ergänzt durch „Der Weg dahin ist das Ziel“. Erfahrung, Erlebtes und Respekt haben die Fünf zusammen geschweißt. „Wir sind wie eine Familie und kennen die Macken der anderen. Der Eine hat gerne schöne, ruhige Hotelzimmer, der Andere sitzt nicht gerne hinten im Bus, wieder ein Anderer sitzt nur hinten im Bus, der nächste ist etwas smartphonesüchtig und der Letzte kann unglaublich gut bekannte Persönlichkeiten imitieren. Aber das Wichtigste ist der gegenseitige Respekt, dass bestimmte Grenzen nicht überschritten werden und Humor ist grundsätzlich immer eine Lösung“, resümiert der Bandchef.

Für die Arbeit am mittlerweile vierten Album packte Stefan nicht nur wieder die Reiselust sondern auch seine Reisetasche und fuhr mit Frau und Zwillingen in eine der entlegensten Ecken der Welt – auf die Lofoten nördlich des Polarkreises. In atemberaubender Kulisse, zwischen Mitternachtssonne und Nordlicht, entstanden einige der Songs zum neuen Longplayer „Sex Devils Ocean“. Die besondere Atmosphäre von Weite und Freiheit, von Veränderung und Loslassen, die in diesem Teil Norwegens einwirkt, sorgte auch bei Stefan für Assoziationen, die er in die Texte einfließen ließ.

Der Titelsong „Sex Devils Ocean“ beispielsweise steht symbolisch für Leidenschaft, Wildheit, Rebellion und unbegrenzte Freiheit. Ein Abschied vom hier und jetzt, der Wunsch nach Freiheit und der Suche danach sowie der Aufbruch in eine spannende, neue Zukunft.

Bei „Into the Universe“ wird eine abstrakte Reise ins Universum und die Unendlichkeit als Methaper für ein leidenschaftliches, erotisches Abenteuer. Verpackt in eine Uptempo Rock Nummer mit leichten Retro/Disco Referenzen. „Zero Gravity Moon, Multidimensional Room, Extraterrestrial Tune“ – noch Fragen?

Retroperspektive spielt auch bei dem Song „Class Of 92“ eine Rolle. Ein fiktives Klassentreffen und jemand, der während seiner Schulzeit ausgegrenzt wurde. Jahre später möchte er die traumatisierende Zeit verarbeiten und seine ehemaligen Klassenkameraden konfrontieren und stellt fest, dass einige von ihnen gar nicht mehr da sind. „You don’t need anyone at all – because they can’t tell you who you are“ – die Wahrheit findet man nur bei sich selbst.

Bei „Pablito Pablito“, der ersten Singleauskopplung, steht die Hauptfigur „Pablito“ stellvertretend für alle unsere Ängste und Sorgen. Die Verunsicherung durch Schnelllebigkeit, digital inszenierte Nähe des Social Media-Wahns und ökonomische Ungleichheiten unserer Gesellschaft. Diesen Störfeldern des Alltags werden handfeste, treibende Rockbeats und Wall of Sound-Gitarren entgegengesetzt. „Als ich den Text geschrieben habe, stand ich einem Freund zur Seite der eine fundamentale Lebenskrise beackerte. Ich habe versucht im Halt zu geben und ihm zu zeigen, das man Schritt für Schritt machen muss und sich nicht alles gleichzeitig aufladen sollte.“ so der Frontmann.

Steve Shoeman war die zweite Album-Single und erschien am 4. Dezember 2020. Den Song hat Songwriter und Sänger Stefan Tomek während einer Wanderung bei Sonnenuntergang durch die südafrikanischen Drakensberge geschrieben. Steve Shoeman war ein Sohn des südafrikanischen Städtchens Haenertsburg, der leider recht früh verstorben ist, dessen Name aber nachklingt, nachdem er zeitlebens auf großzügige Art reichlich Gutes für die Bewohner der Bergregion getan hat. Diese Geschichte inspirierte zu einem Song über Liebe, das Leben und Partnerschaft über die Jahre – ein bittersüßes Liebeslied mit versöhnlichem Ende.

Temporeich wird es bei „Red Light“, bei dem der Protagonist erkennt wie gefangen er in seinen selbstgesetzten Grenzen ist, so dass nur eine drastische Handlung in der Hitze des Augenblicks für ihn die Freiheit darstellt. Egal was die Konsequenzen sind, einfach Augen zu, Gaspedal durchdrücken und über die rote Ampel – Du wirst niemals mehr sehen als diesen einen Moment – auch wenn es der letzte sein sollte.

Die Füße stillhalten? Cool bleiben? Das gelingt bei Kensington Road nur eiskalten Typen. Und nach tausenden Kilometern im Tourbus durch ganz Europa und unzähligen Live-Shows, weiß die „hard-working-band“ ganz genau wovon sie singt.

Tracks
1 Ghost Mountain
2 Living In A Lumidor
3 Duke Of Persico
4 Class Of 92
5 Pablito Pablito
6 Sex Devils Ocean
7 Change Is Good
8 Into The Universe
9 Red Light
10 Steve Shoeman

Kensington Road „Sex Devils Ocean“
Timezone