Panda Lux „Fun Fun Fun“

Die ersten Fragen, die man sich als deutscher Musikjournalist so stellt, wenn man das neue, zweite Album der Schweizer Band Panda Lux hört, sind: Wann ist es eigentlich passiert, dass die wirklich spannenden Impulse in Sachen deutschsprachigem Pop aus den Nachbarländern importiert werden mussten? Ist das schon seit Bilderbuch so? Oder seit Faber? Oder fangen wir da lieber bei Falco an? Obwohl Sänger, Texter und Gitarrist Silvan Kuntz beim Zoom-Interview müde lächelnd klagt: „Ach, das nervt mich auch manchmal, dass bei deutschen Songs alle immer nur auf die Texte achten.“ Recht hat er, aber sorry, Silvan, dann musst du auch nicht so wundersam schöne Lyrics wie „Malle“ schreiben – eine Hymne auf den Kumpel, den man als empfindsamer Mensch selbst im Alptraum- Urlaub auf Malle ertragen kann: „Bei dir kann ich Flate-Rate seufzen / Tagelang, nächtelang versinken / Ein Drink mit dir rutscht immer“, heißt es darin. Oder den schon von der letzten EP „Zoo“ bekannten Hit „Bar Franca“ über eine Beziehung, die sich anfühlt wie „Diese tiefgekühlte Pizza / Die innen noch gefroren ist, wie Du.“ Oder Zeilen, die man auf T-Shirts, Kalender und Kühlschrankmagneten drucken will, wie: „Ich brauch eine Massage und ein neues Hirn“. Von dem Kunststück, musikalische Rollenprosa zu schreiben, bei der man sich metaphorisch in einen Staubsauger einfühlt, will ich gar nicht erst anfangen.

Man unterschlägt allerdings tatsächlich eine ganze Menge, wenn man bei Panda Lux nur auf die Texte achtet. Das war zwar schon auf ihrem Debüt „Versailles“ aus dem Jahr 2017 so, aber da verweilte man doch meist noch im zackig angerockten, produktionstechnisch aufpolierten Indie und spielte noch nicht alle Asse, die diese Jugendfreunde und (zwei) Brüder im Ärmel haben. Schon seit ihrer letzten EP sind Silvan Kuntz, Samuel Kuntz, Moritz Widrig und Janos Mijnssen hörbar experimentierfreudiger geworden und hauen nun gleich 15 Lieder raus, die eine erstaunliche Stilbreite aufmachen. Silvan beschreibt es so: „Die neue Platte ist sehr selbstbewusst und in dem Sinne authentisch, dass wir einfach machen und nicht groß überlegen, wo wir mit unserer Karriere stilistisch hinwollen.“ Der Arbeitsprozess sieht dabei so aus: „Ich bringe die Lyrics und die rohen Songs, und dann überlegen wir gemeinsam, wie wir das geil machen. Und da gibt es für alle genügend Platz zur kreativen Entfaltung.“ Alles andere wäre auch Verschwendung, denn Panda Lux bringen in ihrer Band vieles zusammen. Zum einen die langjährige Freundschaft seit Teenagertagen und das daraus resultierende Vertrauen, zum anderen die musikalische Ausbildung und Erfahrung: Janos hat Filmkomposition studiert, Moritz einen Master in Komposition und Theorie, Samuel studierte Jazz- Gitarre und Silvan klassische Gitarre am Konservatorium. „Die dachten bestimmt immer: Was wollte der Popvogel bei uns eigentlich?“, sagt Silvan und grinst.

Die akademische, professionelle Musikbildung wird bei Panda Lux jedoch nie protzend zur Schau gestellt, vielmehr flimmern und flirren die Songs vor Ideen, die einer „normalen“ Indieband vielleicht nicht in den Kopf gekommen wären. Zum Beispiel, die Platte mit drei Instrumentalstücken zu bereichern, die „Sakamoto“, „Sakafunko“ und „Sakautro heißen. „Die stammen von Janos und Moritz und sind eine Verneigung vor dem Filmkomponisten Ryūichi Sakamoto.“ Die Stücke sind zudem eine kleine Zeitreise zu den Anfängen der Band im Jahr 2006, wo Panda Lux noch rein instrumental unterwegs waren. Dass „Fun, Fun, Fun“ dabei trotzdem ein durch und durch schlüssiges Album ergibt, liegt wohl auch an ihrem Produzenten Aaron Ahrends, der in seiner Arbeit ebenfalls viele Welten zusammen bringt: Ahrends ist Sänger von Say Yes Dog, veröffentlicht auf Qualitätslabels wie Kompakt elektronische Musik und kann, wie er hier beweist, auch einer hochkreativen Band wie Panda Lux den richtigen Rahmen geben und sie auf einer Reise begleiten, die altbekannte Indie-Pfade schon lange hinter sich gelassen hat, um sich lieber mit gewetzter Machete in den wildwuchernden Stil-Dschungel zu stürzen.

Tracks
1 Freunde sein
2 Karambolage
3 Staub
4 1/4 Life
5 Call (Erdbeerananas)
6 Optimist
7 Sakamoto
8 Sakafunko
9 Fahrschein ins Glück
10 Bar Franca
11 Picasso
12 Arschloch
13 Beuteltier
14 Malle
15 Sakautro

Panda Lux „Fun Fun Fun“
Panda Lux