White Rose Transmission „Happiness at Last“

Die Antworten auf die finalen Fragen sind individuell, aber die Sehnsüchte haben kollektive Gemeinsamkeiten: einmal den größten inneren Dämon besiegen, einmal dem ärgsten Feind vergeben, einmal schließlich glücklich sein. Glück aber ist flüchtig, man muss es immer wieder neu finden. Mit Erwartungen kommt man da nicht weiter. So gesehen ist „Happiness at last“, das fünfte Studioalbum von White Rose Transmission, ein weiteres Kapitel auf der Suche nach vollkommenen Momenten. Nicht dass Sänger Carlo van Putten damit an einen Endpunkt angekommen wäre, wie der Titel suggerieren könnte. Es ist ein neuer Schritt auf einem immer wieder überraschenden Weg, den er nun seit 25 Jahren mit diesem Projekt geht.

1995 gründete van Putten – damals wie heute bei The Convent und zwischenzeitlich bei Dead Guitars aktiv – White Rose Transmission zusammen mit Adrian Borland (The Sound). Der Startpunkt war dessen bekanntester Song „Winning“, der in einem gänzlich neuen Akustik-Arrangement auch auf „Happiness at last“ zu hören ist. Van Putten coverte ihn seinerzeit mit The Convent und fragte bei Borland nach, ob er mit der Version einverstanden sei. Das war er so sehr, dass er direkt mit auf Tour ging und das Stück Abend für Abend gemeinsam mit der deutsch-niederländischen Band sang. So markierte dieses Lied den Beginn einer wundervollen Freundschaft, die nach dem White Rose Transmission-Debütalbum und dem meisterhaften „700 miles of desert“ im Jahr 1999 abrupt mit dem Suizid Borlands endete.

White Rose Transmission aber existierten weiter, das Projekt wurde offener, einzige Konstante und Kern blieb Carlo van Putten. Mit ihm waren Musiker wie Amanda Palmer (Dresden Dolls), Marty Wilson-Piper (The Church, Alle About Eve), Mark Burgess (The Chameleons) oder Frank Weyzig (Clan Of Xymox, Born For Bliss) beteiligt. Aktuell gehören neben Kurt Schmidt (Twelve Drummers Drumming) Robert Smeekes und Thomas Marcin von der niederländischen Band Aestrid zur Besetzung. Mit letzteren geht van Putten auch regelmäßig auf Wohnzimmer-Tourneen durch Europa.

Und so ist „Happiness at last“ auch so etwas wie ein Wohnzimmer-Konzert zum Mitnehmen in Zeiten, in denen es eben solche Events nicht geben kann. Ein intimes Erlebnis wider der sozialen Distanz, das so hochaktuell und doch zeitlos ist. Ein tröstlicher Begleiter an trüben Herbstmorgenden, wenn die blasse Sonne kaum mehr etwas gegen die taufeuchte Blässe ausrichten kann. Und ein Soundtrack für den Herbst, abgeklärt, aber nicht melancholisch und voller lichter, meist akustischer Arrangements, die der Stimme Carlo van Puttens schmeicheln. Sie klingt hier noch wärmer und sonorer als zuvor. Vor allem aber lässt ihr die Instrumentierung dort Raum, wo alles Weitere nur überflüssig wäre. „Happiness at last“ feiert die Momente, in denen alles da ist, aber man sich nie sicher sein kann, ob es bleibt – wie in „Winning“, dieser Hymne des Waverocks über das Nicht-Gewinnen-Können. Heute klingt sie nicht weniger eindringlich als seinerzeit, nur weniger aggressiv. Aufgeben ist eben noch immer keine Option.

Tracks
1 Dimmer
2 Machinery Of Grace
3 Featherweight
4 Fingertips
5 In June
6 Happy As The Day Is Long
7 Happiness At Last
8 Soul Ambulance
9 Epic – Rays Of Light
10 Winning
11 Happiness At Last (Acoustic)
12 False Light

White Rose Transmission „Happiness at Last“

Sireena