Das Kitsch „Teer und Federn“
Das Kitsch ist ein Augsburger Trio, das so viel fetter klingt, als die Drei-Mann-Band aussieht, die da auf der Bühne steht. Man schaut, hört und ist erstaunt, dass nicht etwa die andere Hälfte der Band nicht gekommen ist, und der Sound auch nicht aus irgendeiner Buchse scheppert. Dafür gehen der satte Groove straight in den Körper und die dandygleich tändelnden Lyrics pfeilgrade ins Gemüt.
Mit dreistimmigem Gesang, geladenen Synthesizern und Axel zuckender Nonchalance würdigt das Kitsch die abgedroschenen Momente des Lebens: Die große Verliebtheit, das leidige Aus und das manchmal ätzende, öfter absurde, zu selten perfekte, aber immer bewegte Dazwischen. Die Abstürze, den Sex, das Danach oder besser, das Kurzdavor. Und natürlich das große Ganze, das auch irgendwie wieder gut ist, sobald man nur genug
Schaumwein konsumiert hat.
Nach dem entwaffnend kitschigen Erstling „Komm mal klar“ laden Martin Schenk (Gesang/ Gitarre), Niklas Rehle (Bass) und Simon Kerler (Schlagzeug) nun auf einen düster-heiteren Schwarz-Weiß-Ball. Dort herrscht opulente Weltuntergangsstimmung, und wenn die Girokarten gezückt werden, ist das Ende der Welt für eine Nacht in Berlin vergessen, und zwar sowas von egal, pretty Baby! Jazz, Rock’n’Roll, Funk, alles verschwimmt im Rausch, zwischendurch Hand Claps, yeah, die Fahrt im Ferrari, die wird gut. Oben scheint die Sonne jeden Tag, tanzen, lieben, und die Melancholie drückt sich mit in die Kissen.
Teer und Federn vereint in einem Guss die lustigen, schrecklichen, schönen und traurigen Gesten, den Überschwang und den Verdruss, die Geilheit und das Verzagen. Jeder Song, schwarz oder weiß, ein alter Abgrund, ein neues Plateau.
Die Lyrics warten mit Brüchen auf, die Martin Schenks Stimme gleichmütig kittet, wo sie es denn will. Und die Melodien fahren mit angezogener Popbremse, die sich ab und zu löst und alles zulässt, nur um dann wieder knallhart einzurasten, sodass man innerlich über den Lenker fliegt und fühlt: Wow, sowas gibt’s auch noch.
(Petra Bradatsch)
Tracks
1 Ewigkeit
2 Federn
3 Ferrari
4 Naseweiß
5 Bildschirm
6 Zeit
7 Teer
8 F.K.A.
9 Hier Oben
10 Hoffnung
Das Kitsch „Teer und Federn“
In Gute Hände