Jeremiah Johnson „Heavens To Betsy“
Manche Künstler brauchen Rauch und Spiegel. Alles was Jeremiah Johnson braucht sind Songs. Im Zeitalter von industriell gefertigter Popmusik ist der beliebte Bandleader aus St. Louis ein Meister des zeitgenössischen Handwerks, dem Songschreiben. Dazu braucht er nur seine Akustik Gitarre, einfache Akkorde, eine klare Sprache und eine Studioproduktion, die alles zusammen mit dem Schweiß seiner Liveshows einfängt und konserviert. Die Herangehensweise mag altmodisch klingen, doch die Musik seines neuesten Albums Heavens To Betsy gehört zur kraftvollsten dieses Jahrzehnts.
Heavens To Betsy – erschienen 2020 bei Ruf Records – ist ein weiterer kreativer Entwicklungssprung für Jeremiah Johnson, der für seine Musik brennt. Es ist gerade mal zwei Jahre her, seit Straitjacket auf Platz 6 der Billboard Blues Album Charts landete und die Kritiker begeisterte: „Das ist erstklassiger Stoff“, schrieb das Blues Blast Magazin. Es war das Sahnehäubchen auf Johnsons triumphaler früher Karriere nach Grind aus 2014 und Blues Heart Attack aus 2016 und der Dokumentation Ride The Blues.
Aber während Johnson zu Recht stolz auf seinen frühen Albumkatalog ist, hat er immer ein Auge auf den Horizont gerichtet. „Auf Heavens To Betsy wollte ich etwas Neues ausprobieren, etwas das ganz anders ist, als meine früheren Alben. Ich bin nach dem Song-First Konzept vorgegangen, und kehrte damit zu meinen Wurzeln zurück, dem Südstaaten Bluesrock.“
Den Geist des US Südens spürt man in jedem feurigen Gitarren Riff, dem mitreißenden, rasenden Saxophon Frank Bauers, und der Percussion von Tony Antonelly, der früher in der Devon Allman Band spielte. Der Groove der Band erreicht nicht nur eine neue Dimension, sondern geht noch darüber hinaus: „Wir haben jetzt ein noch viel ursprünglicheres Rhythmusgefühl, so ähnlich wie die Black Crowes und die Allman Brothers.“
Wissend, dass seine Band mit allem umgehen kann, was er ihnen im High/Low Recording Studio (Memphis) zuwirft, repräsentiert Heavens To Betsy Johnsons stärkstes und mutigstes Songwriting. In White Lightning geht es um einen Farmer aus den Südstaaten, der sich durchs Leben kämpft. „Sie ist wie eine heiße Tasse Kaffee auf einer holprigen Straße“, lautet eine Zeile in Tornado, und beschreibt wie sich eine komplizierte Liebe mit all ihrer Leidenschaft und sexuellen Anziehung wie ein Tornado auswirken kann. Castles In The Air handelt davon, wie eine langjährige Liebe zu Ende geht und von der Selbsttäuschung, mit der man an ihr festhält. Bei American Steel drückt man am besten aufs Gaspedal und dreht laut auf, denn es geht um die Leidenschaft, in einem schnellen Auto auf einem U.S. Freeway zu fahren.
Niemand kann Eskapismus besser, als er, doch Johnson versteht es ebenso, tiefgreifende Themen eloquent zu formulieren. „Leo Stone handelt von der überwältigenden Freude, die ich während der letzten Schwangerschaftswochen meiner Verlobten empfand,“ sagt er über diesen offenherzigen Song im Country-Stil, der den Namen seines neugeborenen Sohnes trägt. „Long Way Home handelt von meiner Großmutter, die unter schwerer Demenz litt, und davon, als sie sich das letzte Mal in ihrem Leben wieder an mich erinnerte und wir miteinander sprachen, bevor ich wieder ein ganz normaler Fremder für sie wurde. Forever And A Day entstand, als ich getrennt von meiner Familie auf Europa-Tour war und mir diese Zeit wie eine Ewigkeit vorkam.“
Wie bei vielen besten Alben ist es auch mit Heavens To Betsy nicht einfach gewesen. Johnson berichtet von langen Tagen im Studio mit Produzent Pete Matthews: „Manchmal war bereits die erste Aufnahme perfekt, manchmal dauerte es aber auch bis zum Ende eines Zwölf-Stunden-Tages, bis der gewisse Funke übergesprungen war. Dieses Album aufzunehmen war das absolut intensivste Erlebnis, das ich jemals in einem Studio hatte. Gut genug war keine Option. Aber ich bin extrem dankbar, dass Peter das Beste aus jedem Einzelnen von uns herausgekitzelt hat.“
Diese Songs verdienen auch nichts anderes. Mit Heavens To Betsy hat Jeremiah Johnson seine Mission erfüllt und ein Album abgeliefert, das danach verlangt, der Soundtrack für die Momente im Leben zu sein, auf die es ankommt. „Ich will, dass dieses Album etwas ist, das du aufdrehst, wenn du mit deinen Freunden zusammen bist und ihr das Leben feiert. Ich will, dass die Leute dieses Album auflegen und einen Kick erleben.“
Tracks
1. White Lightning
2. Tornado
3. Soul Crush
4. Ecstasy
5. Forever And A Day
6. American Steel
7. Showdown
8. Leo Stone
9. Castles In The Air
10. Long Way Home
11. Long Way Home
12. Preacher’s Daughter
Jeremiah Johnson „Heavens To Betsy“
Ruf Records