Joo Kraus „No Excuse“

Eine musikalisch Bunte Tüte, Briefmarken-Sammelalbum, gesellschaftspolitischer Diskurs & eines: good vibes! Genregrenzen überschreiten und Stiletiketten auflösen – für Joo Kraus ist das die große Leidenschaft. Ebendiese Leidenschaft lebt der vielfach ausgezeichnete Trompeter mit seinem neuen Album No Excuse voll aus.

Joo Kraus ist Joo Kraus. Was so selbstverständlich klingt, ist es in heutigen Zeiten beileibe nicht mehr, denn im merkantilen Alltag der Musikindustrie werden Namen oft auf Brands reduziert. Nicht so bei Joo Kraus. Dass der Ulmer Trompeter Musikgeschichte geschrieben und sich in den Neunziger Jahren mit dem Acid Jazz Duo Tab Two weltweit einen legendären Ruf erspielt hat, ist ihm ebenso schnurzegal wie seine sprichwörtliche Umtriebigkeit auf so unterschiedlichen Feldern wie Krautrock, Jazz, HipHop, Latin, Ambient und Singer/Songwriter. Für sein neues Album „No Excuse“ zählt nur eine einzige Frage: Was habe ich heute zu sagen? Nach einer knapp vierzigjährigen Reise durch fast sämtliche Vegetationszonen der Musik braucht Joo Kraus keine Erklärungen mehr. Die Musik darf einfach sein, was sie ist: hundert Prozent Joo Kraus.

Stilistische Breite lag ihm schon immer näher als die Festlegung auf ein bestimmtes Genre. Die unvorhersehbare Buntheit auf „No Excuse“ reicht von Cool Jazz bis HipHop, von Pop bis Singer/Songwriter, von Ambient bis Funk. Und so bietet er uns auf seinem neuen Album nicht weniger an als Alles.

„Ich mag so viele Dinge, und es ist mir immer schwergefallen, mich zu entscheiden. Jetzt habe ich mich einfach mal entschieden, mich nicht entscheiden zu müssen.“

Etwa acht Tracks spielte Joo Kraus während einer Band-Session mit Schlagzeuger Torsten Krill, Bassist Veit Hübner, Gitarrist Jo Ambros sowie Bobbi Fischer am Klavier und E-Piano ein. Die sich daraus ergebende Grundstimmung allein hätte schon ein Album ergeben. Andere Songs entstanden zu völlig anderen Gelegenheiten, einige davon mit zusätzlichen Gästen. Auf den progig akzentuierten Opener „Save Me“ folgt die nachdenkliche Dub-Ballade „Surfin At Night“, der sich wiederum das ambienthaft verträumte „Crying. In Your Sleep“ anschließt. Der beißende Funk-Track „Back To Hell“ kollidiert unmittelbar mit der extrem hitverdächtigen Wave-Nummer „Chaka Boom (Tic Toc) feat. Malia“.

So geht es immer weiter, und viele Songs umklammern in sich ein ganzes Bündel von Stilistiken. Die Themen seiner Lieder reichen von sehr intimen persönlichen Reflexionen bis zu weltpolitischen Betrachtungen. Wie im Titelsong, der sich schonungslos gegen die Aggressionspolitik Wladimir Putins richtet. Joo Kraus hat viel zu sagen. No Excuse für die politischen Entscheidungen der Autokraten und Politik-Egos dieser Welt unter denen auch derzeit so viele Menschen leiden.

Dass die Songs bei aller Unterschiedlichkeit klar die Handschrift von Joo Kraus tragen, liegt vor allem an seiner Trompete. Die Trompete funktioniert wie der Mittler zwischen der Musik und dem Ohr. Ihr teils abgeklärter, dann wieder Neugier suggerierender Ton wirkt wie ein stiller Beobachter, der fast am Rande des Geschehens steht, dieses aber gerade von dieser Position aus maßgeblich beeinflusst und trägt. Nicht nur wenn er auf der Bühne steht, sondern auch im Studio ist das Publikum sein wichtigster Partner. „Für mich ist ein Gegenüber unerlässlich, sonst kann die Musik bei mir gar nicht passieren. Ich brauche immer irgendwie die Party, die die Musik lebendig macht. Schon im Studio stelle ich mir immer vor, wie wir die Musik auf der Bühne spielen und das Publikum darauf reagieren wird. Das gehört für mich einfach dazu.“

Keine Entschuldigungen, keine Erklärungen, keine Kompromisse! „No Excuse“ ist die Lebensbeichte und zugleich Vorausschau eines Musikers, der uns ohne Netz und doppelten Boden gegenübertritt und so offen und ehrlich, wie es irgend geht, die menschliche Seite seiner Kunst offenbart. Kunst ist Leben, Leben ist Kunst. No Excuse

Tracks
1 Save Me
2 Surfin‘ at Night
3 Crying in Your Sleep
4 Back to Hell
5 Chaka Boom (Tic Toc) – Kraus, Joo feat. Malia
6 No Excuse
7 Round and Round – Kraus, Joo feat. Malia
8 Hymnody
9 Hope
10 Darkland
11 Eagles
12 First Day without You on My Mind
13 Later

Joo Kraus „No Excuse“
Jazzhaus Records