Manfred Maurenbrecher „Inneres Ausland“
Manfred Maurenbrecher veröffentlicht mit „Inneres Ausland“ erstmals ein Album mit Chor. Ein Vorhaben, dass der Berliner Liedermacher schon seit längerer Zeit im Kopf gehabt hatte, und das dem bekannten Sound, der zuletzt drei Mal in Folge mit dem Preis der deutschen Schallplattenkritik gewürdigt wurde, eine überraschende Nuance gibt. Maurenbrecher zeigt sich kurz vor seinem 70. Geburtstag weiterhin neugierig und offen für Neues auf seiner Reise in undiplomatisches Gebiet.
„In einem Chor finden die unterschiedlichsten Leute zusammen. Es gibt viel zu beobachten“, erzählt Manfred Maurenbrecher über seine Ur-Faszination für Chöre, die ihn wohl auch veranlasste mit zwölf Jahren im Kirchenchor mitzumachen. Bekannt geworden ist der Berliner Liedermacher jedenfalls auch wegen seiner Beobachtungsgabe, die er nicht nur in der benachbarten Lindenkirche, sondern auch auf Reisen schulte. So wird in einem der neuen Lieder auf einer Fähre nach Thassos ganz elementar die Frage nach dem „Wo willst Du hin?“ gestellt. Doch Maurenbrecher denkt die Welt nicht vom Ende her, sondern bewahrt sich seine Neugier selbst bei der musikalischen Umsetzung: „Ich hatte kaum etwas für einen Chor geschrieben, sondern habe in den neuen Liedern einfach Raum dafür gelassen.“ Er vertraute ganz auf Réka, ihren Jazzchor jazzomat und seinen langjährigen Produzenten Andreas Albrecht. Réka war es übrigens, die mit ihrem Backgroundgesang die Choridee befeuert hatte, als sie 2015 erstmals auf dem Album Rotes Tuch ihre Farbtupfer auf das Maurenbrecher´sche Klanggemälde gebracht hatte.
Ein weiterer Aspekt, der Maurenbrecher am Singen im Chor gefällt, ist das Zusammenkommen „zu einer Art sozialer Feierstunde, in der man sich friedlich mit Musik beschäftigt“. Musik transzendiere etwa in einem Requiem von Brahms oder einem Arrangement von Hanns Eisler zu etwas „wie aus einer anderen Welt.“ Ein Ideal, das der Weltbeobachter gekonnt der Realität auszusetzen weiß, die sich auf die Suche nach einem neuen Heimatbegriff begibt, süchtig nach Verschwörungstheorien greift oder sich mal wieder Angst vorm bösen Wolf machen lässt. Realität ist aber auch die Liebe, die Melancholie oder der Ulk, dem Maurenbrecher genauso Platz schafft.
Eine Stimme, die leider bereits ihre letzte Reise angetreten hat, ist der aus Gera stammende Texter Andreas Hähle, der im letzten Frühjahr mit Anfang 50 an Krebs starb und den Maurenbrecher als „einen der besten Texter seiner Generation“ bezeichnet. Mit seinen Worten zum Lied „Aufstehen“ kann er hier noch einmal ein lebensfrohes Signal in die Welt schicken. Eigentlich sollte das Lied Teil eines gemeinsamen Programms werden, doch die sich anbahnende Krankheit verhinderte Konkretes: „Aufsteh´n, zuseh´n, wo wir bleiben, wohin wir treiben. Wir sind Menschen, dafür gilt es zu streiten, es wird Zeit!“ Ganz passend zu diesem Album.
Tracks
1 Das Dunkel von mir
2 Der Chor
3 Erdrutsch
4 Schüttmulde
5 Wie viele Herzen noch
6 Jubilare
7 Jetzt auf einmal geht’s
8 Solche Leute braucht die Heimat
9 Puppen
10 Auf der Fähre nach Tassos
11 Die drei Zigeuner
12 Gavotte
13 Wölfe in Brandenburg
14 Aufstehen
15 Der Rest ist Mut
16 Herbstschnulze
Manfred Maurenbrecher „Inneres Ausland“
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