Ramon Bessel „Lieder zum Festhalten“
Einfach mal fallen lassen
Es mag übertrieben klingen, wenn man neu anfangen möchte, wirklich neu anzufangen, alles aufzugeben: Beruf, Wohnung, Leben, um dann mit Ende 30 mit Schlaf- und Rucksack ins Haus der eigenen Schwester einzuziehen. Nur dass die da noch gar nicht wohnt, weil das Haus zu dem Zeitpunkt noch eine Ruine ist. Das muss man sich erst mal trauen. Aber muss man in der Kunst und vielleicht auch als Künstler nicht sowieso übertreiben, die Realität überhöhen? Ramon Bessel hat sich vor ein paar Jahren genau so melodramatisch fallen lassen. Nach zwanzig Jahren als musikalischer Leiter eines Theaters fühlte sich plötzlich nichts mehr richtig an. Als ihn während jener Zeit eine Freundin fragte, was er sich denn wünschen würde, für die nächsten fünf Jahre, kam die Antwort so spontan wie präzise: „Eine Frau, ein Kind, eine Platte.“ Und wenn sich einer schon so gut im Neuanfang bewährt hat, dann scheint das Wünschen nur die Kür. Ab sofort hat Ramon Bessel „Lieder zum Festhalten“, ein ganzes Album davon. Frau und Kind? Sowieso.
Dass die Idee mit der Platte eine gute war, und dem eigenen Musizieren eine ganz neue Dimension gegeben hatte, nämlich die, Musik und Texte aus sich selbst heraus schaffen zu können, wurde schnell klar. Beim Stuttgarter Songcontest Troubadour gelangten seine ersten Kompositionen direkt ins Finale und sind nun auch in Studioversionen auf seinem Debütalbum zu hören. Etwa die Ode an sein Heimatort Gmund, in der er dem verschlafenen Dörfchen nichts mehr wünscht, als dass sich kein Prinz finde, der es wachküsst. Er beschreibt die Vorzüge des Nichtalleinseins in „Zu zweit“, seziert die „Normalität“ und spinnt so seine Gedanken über einen Trend, der sich im wahrsten Sinne des Wortes breit macht – den SUV.
Ramon Bessel beschreibt sich selbst als „Vokalpianist im besten Sinne: 50% Gesang, 50% Klavier und 50% Kabarett“, die er auf dem Album hier und da mit etwas Percussion und pointierten Bläsern ergänzt. Er teilt seine Lieder ein in: „Die Amüsanten“ und die: „Weniger Amüsanten“. Letztere wiederum in „Die Erbaulichen“ und die „Weniger Erbaulichen“. Am Ende in Lieder, an denen man sich festhalten kann, bei denen man sich erstmal festhalten muss und in die man sich einfach nur fallen lassen möchte.
Tracks
1 Gmund
2 SUV
3 Der Gast
4 Ausverkauft
5 Kartenhaus
6 Normalität
7 Nikotin
8 Männerliebe
9 Zu Zweit
10 Der Balkon
11 Nacht
Ramon Bessel „Lieder zum Festhalten“
Donnerwetter