Flexkögel “America“

flexkoegelDie Ideen kommen beim Spielen. Manchmal braucht man gar keine Programmatik, um trotzdem etwas Programmatisches zu machen. Denn die Ideen liegen in der Luft. Sie umschweben uns tagaus, tagein. Wenn wir wollen und dazu in der Lage sind, brauchen wir sie nur einzufangen. Wir müssen nichts weiter tun, als unsere Antennen auf Empfang zu stellen, der Rest passiert von selbst.
So geschehen bei Sängerin Britta-Ann Flechsenhar und Gitarrist Christian Kögel, seit mehr als anderthalb Jahrzehnten auch als Flexkögel unterwegs. Ihr drittes Album beginnt wie der Soundtrack zu einem urbanen Film Noir, der mit unserer vorauseilenden Erinnerung spielt. Da muss doch schon was vor uns gewesen sein… Konturen und Farbtöne werden angedeutet, etwas Kantiges, Zugespitztes, aber auch Leichtes, entspannt Farbiges und wimmelnd Unaufgeregtes deutet sich an. Was folgt, ist eine Reihe kurzweiliger Songs über Leben und Liebe in der Großstadt. Wie bitte, da war noch was? Ach ja, einige dieser Songs mögen uns bekannt vorkommen. Und wenn wir nur lange genug in unserem Gedächtniskasten kramen, mag uns auffallen, dass sie von Leonard Bernstein stammen.
Von jedem seiner Songs gibt es Hunderte, wenn nicht Tausende von Versionen. Gibt es einen Grund, die Welt damit noch ein weiteres Mal zu beglücken? Eigentlich nicht. Es sei denn, man feiert sie in dem unerhörten Bewusstsein, sie zum ersten Mal zu singen. Oder singt sie zumindest für Leute, die sie so zum ersten Mal hören und entdecken. Flexkögel haben überhaupt keine Berührungsängste. Was soll’s, wo liegt schon der Unterschied, ob ein Lied tausend Mal oder noch nie gesungen wurde. Ein guter Song bleibt immer ein guter Song.
Britta-Ann Flechsenhar und Christian Kögel kamen auf ganz unterschiedlichen Wegen zu Bernstein. Die Sängerin über den Umweg von Tom Waits, der Gitarrist über eine Begegnung mit Bernstein als Dirigent und charismatischer Musikvermittler im Fernsehen. Selbst wenn der Komponist der „West Side Story“ sie seitdem nie mehr loslassen wollte, hatten sie doch nie die Absicht, ein ganzes Album mit Bernstein-Songs zu machen. Und so ist diese CD auch überhaupt nicht als Tribute zu verstehen. „Wir haben ja auch schon andere Songs bearbeitet“, erzählt Christian Kögel. „Oft  geht einer solchen Annäherung ja der Impuls einer eigenen Idee voraus, die dann auf ein schon bestehendes Stück hinausläuft, mit dem man sie verbinden kann. So haben wir bereits auf unserem ersten Album Bernsteins „Somewhere“ arrangiert. Bis wir uns fragten, warum nicht mehr Bernstein.“
Dieser Welt liegt eine spezielle Formel zugrunde. Die Songs sind sehr reduziert und auf ein ebenso griffiges wie infektiöses, akustisches Taschen-Format gebracht, das verblüffend gut in alle nur denkbaren Facetten des urbanen Alltags von heute passt. Diese New Yorker Gassenhauer haben einen langen Weg hinter sich, um in diesen von jeder Eitelkeit befreiten Fassungen den Eindruck zu erwecken, sie wären direkt dem Berliner Bordstein abgelauscht. Mit Bassist Paul Kleber und Drummer Hans Otto springen Britta-Ann Flechsenhar und Christian Kögel lustvoll, sinnlich und selbstbewusst über alle äußeren Grenzen von Jazz und Pop hinweg und drücken ihrem Lebensumfeld ihren ureigenen Stempel auf. Musik, die nicht nur zum Hören einlädt, sondern zum Dabeisein und Mitmachen. Ein Stück Aufbruch im Innehalten.
Tracks
1. Intro
2. Some other time
3. Somewhere
4. America
5. A boy like that
6. Something’s coming
7. Around the corner
8. Lonely town
9. Tonight
10. Jet song
Flexkögel “America“
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