Ina Forsman "Been Meaning To Tell You"

inaEs braucht schon einen ganz besonderen Künstler, der es schafft einer desaströsen Lage noch etwas Positives abgewinnen zu können. Spult man zurück zum Jahr 2016, sieht man, dass es für Ina Forsman gerade richtig gut lief. Die 23 Jahre alte Sängerin entwickelte sich von Finnlands bestgehütetem Geheimnis zu Ruf Records‘ heißester neuer Künstlerin. Von ihrem selbstbetitelten Debutalbum war die gesamte Musikpresse begeistert – von Classic Rock („dynamite voice“) bis zu Blues Blast („debut album of the year“). Ihre Reputation konnte sie auf der damaligen Blues Caravan-Tour durch Europa und die USA verfestigen und die Fülle von neuen Songs schien kein Ende zu nehmen.
Doch das Schicksal kennt keine Gnade. Während eines Konzerts in New York verlor Ina ihr Handy – und damit auch sämtliche neuen Songs, an denen sie gearbeitet hatte. Manch anderer Künstler wäre zusammengebrochen, doch wie man es von einer Tourmusikerin erwarten kann, die bereits mit Bluesgrößen wie Guy Verlinde und Helge Tallqvist unterwegs war, rappelte sich Ina wieder auf, atmete durch und nahm sich zwei weitere Jahre Zeit, um neue Songs zu schreiben. „Ich war sehr lange wütend auf mich selbst“, erinnert sie sich. „Doch letztendlich bin ich sogar froh, mein Telefon verloren zu haben. Ich habe ein bisschen mehr gelebt – und konnte bessere Songs mit mehr Tiefgang schreiben.“
Durch ihr erstes Album durften wir Ina bereits kennenlernen. Auf ihrem zweiten Album, Been Meaning To Tell You, gewährt sie uns nun einen noch persönlicheren Einblick in ihre Welt. Sie drückt ihre tiefsten Gefühle aus, während sie die Schönheit (und Grausamkeiten) der modernen Welt betrachtet. Aufgenommen wurde das Album mit Produzent Mark ‚Kaz‘ Kazanoff in Austins Wire Recording Studio. Herausgekommen sind zwölf Songs für die Höhen und Tiefen des Lebens, ob man nun Soulmusik für wilde Nächte sucht, die die Lautsprecher zum Beben bringt, oder aber einen langsamen Bluessong, bei dem man seine Wunden lecken kann. „Lass die Musik dich heilen“, empfiehlt Ina, „oder dir helfen, dich kurzzeitig in Selbstmitleid zu suhlen, wenn du noch nicht so weit bist wieder aufzustehen.“
Manch einer wird sich auf Inas unglaubliche Stimme konzentrieren, wenn sie von dem katzenartigen Schnurren von „Be My Home“ über das lebendige „Get Mine“ zu einem gesprächigen Flow bei „Figure“ springt. Doch vielleicht ist die Qualität ihrer Songwriting-Fähigkeiten sogar noch beeindruckender. Wie bereits auf ihrem Debutalbum scheint Inas Kreativität grenzenlos zu sein. Sie schrieb alle Text selbst, wirkte beim Komponieren mit und begab sich emotional auf eine Achterbahnfahrt, die zwischen Acid Jazz bei „All Good“, dem heiseren Soul von „Genius“ und dem Slow-Blues von „Miss Mistreated“ umherschlingert. „In diesem Song geht es um das Ende einer schlechten Beziehung“, erklärt Ina, „und ich schrieb ‚Who Hurt You‘ für meine beste Freundin, die lange gebraucht hat, um aus einer von Missbrauch geprägten Beziehung zu kommen“.
Sie ist voller Überraschungen. Hört euch nur „Every Single Beat“ an mit seinem lateinamerikanischen Rhythmus und den Texten, von denen Ina hofft, dass sie uns dazu bringen, aufzuhören darüber nachzudenken, was andere von uns halten. Hört euch „Chains“ an mit seinen trommelnden Percussionklängen und Gesängen. Selbst wenn sie ein Liebeslied schreibt, hält Ina sich nicht an den Standard und singt bei „Whatcha Gonna Do“ und „Why You Gotta Be That Way“ über zwei Perspektiven auf sexuelle Belästigung. „Der erste Song beschreibt die Situation aus dem Blickwinkel eines Mannes“, erklärt sie. „Er sieht ein wunderschönes Mädchen, versucht ihre Aufmerksamkeit zu bekommen und macht schließlich ein paar beschissene Entscheidungen. Der zweite Song erzählt die Geschichte, wie das Mädchen sie sieht: Sie würde gerne einfach ‚weitermachen‘, doch dieser Typ lässt sie nicht in Ruhe.“
Es endet alles mit dem überwältigenden „Sunny“ – ein rauchiges Acapella-Meisterstück, von Ina allein geschrieben, das dich gänzlich in eine Welt der Gänsehaut schickt, bereit allen von dieser außergewöhnlichen Künstlerin zu erzählen. Been Meaning To Tell You ist das zweite Album, von dem wir gehofft haben, dass Ina es schreiben wird. Und sie übertraf sich selbst dabei. Lasst uns alle dankbar sein, dass sie ihr Handy verloren hat…
Tracks
1 Be my home
2 Get mine
3 All good
4 Genius
5 Whatcha gonna do
6 Why you gotta be that way
7 Miss mistreated
8 Figure
9 Who hurt you
10 Every single beat
11 Chains
12 Sunny
Ina Forsman „Been Meaning To Tell You“
Ruf Records