Als der Jäger Ulaajuk in den 1960er Jahren nach Kuujjuaraapik, das südlichste Dorf in Nunavik, an der Grenze von Tundra und Taiga, kommt, um seine Felle zu verkaufen, verliebt sich die junge Inuk Saullu in ihn. Als Ulaajuk ihr die Gebiete zeigen will, aus denen er kommt, verlassen die beiden Inuit Kuujjuaraapik und verbringen in Begleitung ihrer qim- miit, zwei Gespannen von jeweils zehn Schlittenhunden, mehrere Jahre in den Weiten von Nunavik, wo sie von der Jagd auf Robben, Belugas und Karibus leben. Als sie – Saullu hat inzwischen eine Fehlgeburt gehabt – nach Kuujjuaraapik zurückkehren, stellen sie fest, dass das Dorf sich sehr verändert hat.

Häuser sind gebaut und Straßen angelegt worden, Geschäfte haben sich angesiedelt, was aber vor allem auffällt, ist die völlige Abwe- senheit der Hunde. Beamte der Sécurité du Québec waren gekommen und hatten alle Hunde erschossen, auch diejenigen von Saullus Vater. Ulaajuk und Saullu kehren in ihr Lager zurück. Als Saullu erneut schwanger wird, will sie ihr Kind in Kuujjuaraapik zur Welt bringen. In der Nacht nach der Geburt ihrer Tochter stirbt ihr Vater. Am Tag seiner Beerdigung kommen morgens wieder Polizisten ins Dorf und erschießen Ulaajuks Hunde.

Jahrzehnte später wird die Anwältin Ève Beaulieu von ihrer Kanzlei an die Côte-Nord geschickt, um den Inuk Uqittuq Ainalik zu verteidigen, der vier ehemalige Beamte der Sécurité du Québec getötet haben soll. Unterstützt wird sie von ihrer Kollegin und Freundin Nadège, die für sie über die Opfer und den mutmaßlichen Täter recherchiert. Mit ihrem Hund Qimmik fliegt sie nach Sept-Îles, doch der alte Inuk schweigt nicht nur bei der ersten Befragung hartnäckig, sondern auch bei allen weiteren. Als er endlich doch sein Schweigen bricht, erfährt Ève, die als Baby adoptiert worden war, Dinge, die ihr Leben gründlich auf den Kopf stellen.

Michel Jean wendet sich in diesem Roman erneut einem kaum bekannten Kapitel in der Geschichte der Ureinwohner von Québec zu: die massenweise Erschießung der Schlittenhunde der Inuit in den 1960er Jahren durch Beamte der Sécurité du Québec, wodurch sie gehindert werden sollten, weiterhin unkontrolliert in den Weiten von Nunavik zu jagen. Dabei gelingen ihm erschütternde Szenen, die unmittelbar zu Herzen gehen.

Autor
Michel Jean
geboren 1960, ist Innu aus der Gemeinde Mashteuiatsh am Lac Saint-Jean (Québec). Nach einem Studium der Geschichte und Soziologie arbeitet er seit 1988 als Journalist und Moderator für die französischkanadischen Fernsehsender Radio Canada Info und, seit 2005, TVA Nouvelles. Er ist mit zehn Romanen und zwei Anthologien mit Erzählungen autochthoner Autorinnen und Autoren aus Québec eine der wichtigsten autochthonen Stimmen Québecs. Für seine Romane erhielt er zahlreiche Preise in Québec und Frankreich. Geplant sind Fernsehserien von Kukum, Atuk und Tiohtiá:ke sowie Kinoverfilmungen von Kukum, Maikan und Qimmik.

Qimmik
Autor: Michel Jean
200 Seiten, gebunden ‎
Wieser Verlag
Euro 21,00 (D)
ISBN‎ 978-3-99029-652-3