Sechs Tage im April
»Ich war am 7. November nachmittags gegen ¾ 6 der erste Mensch Deutschlands, der öffentlich die Absetzung der Dynastien und die Errichtung einer freien bayerischen Räterepublik proklamierte. Meine Frau ließ ich auf ein Militärlastauto hinaufheben, auf dem etliche Soldaten die rote Fahne schwangen. Dann kroch ich auch hinauf und hielt an die zusammengeströmten Soldaten und das Publikum eine Rede, in der ich zur Revolution aufrief und die Republik verkündete.«
Ausgerechnet im rückständigen Süden des Deutschen Reiches bringt die Revolution im April 1919 ihre unwahrscheinlichste und anrührendste Blüte hervor – die Bayerische Räterepublik. Treibende Kraft ist der anarchistische Dichter und lebenslustige Bohemien Erich Mühsam. Nur sechs Tage lang, vom 7. bis zum frühen Morgen des 13. April 1919, währte die Bayerische Räterepublik, die auch als »Dichterrepublik« in die Geschichte einging. Sechs Tage, die bis heute sozialrevolutionäre Träume von einer gesellschaftlichen Alternative zu Parlamentarismus einerseits und Parteidiktatur andererseits beflügeln.
Markus Liske montiert und kommentiert Texte, Tagebuchauszüge und Briefe des Dichters Erich Mühsam zu einer umfassenden Erzählung von dessen jahrzehntelangem Ringen um eine wirklich freie Gesellschaft — so entsteht eine ideengeschichtliche Reise, die 1901 in Friedrichshagen bei Berlin beginnt und 1934 mit Mühsams Ermordung im Konzentrationslager Oranienburg endet.
Robert Stadlober liest die Originaltexte von Erich Mühsam, die der Autor Markus Liske als Erzähler kommentiert, erläutert und ergänzt. Sieben Mühsam-Gedichte, als Songs eingespielt von der Berliner Band »Der Singende Tresen« und deren Sängerin Manja Präkels, vervollständigen das Hörbuch.
Erich Mühsam (1878-1934) galt in der Spätphase des Deutschen Kaiserreichs als Prototyp eines unsteten Bohemiens, Apologeten der »freien Liebe« und Kaffeehausliteraten, der sich mit Schüttelreimen und Spottgedichten über Wasser hielt. Doch im November 1918 ruft gerade dieser als Hallodri verspottete Sonderling als erster die Republik aus und erweist sich in der Folgezeit als unbestechlicher Kämpfer für die »Freiheit als gesellschaftliches Prinzip«.
Markus Liske lebt als freier Schriftsteller in Berlin. Gemeinsam mit Manja Präkels organisiert er seit 2001 das Berliner Erich Mühsam-Fest und stellte 2014 für den Verbrecher Verlag das biographische Mühsam-Lesebuch »Das seid ihr Hunde wert!« zusammen.
Sechs Tage im April
Sprecher: Robert Stadlober, Markus Liske, Manja Präkels, Julian Mehne und Robert Frank
Musik von »Der Singende Tresen«
1 MP3-CD – 220 Min.
speak low
Euro 18,00 (D)
ISBN 978-3-940018-55-7