Stephen Dale Petit „2020 Visions“
Stephen Dale Petit spielt nicht nur den Blues, er lebt ihn auch. Dies wird nach einem kurzen Blick auf Biographie des amerikanischen Sängers, Songwriters und Gitarristen schnell klar, der 1969 im kalifornischen Huntington Beach geboren wurde und mit 7 Jahren anfing, Gitarre zu spielen. Schon als Teenager war er besessen vom Blues, und trieb sich ständig am Golden Bear herum, dem damals am meisten angesagten Venue für Blues-Konzerte in Huntington Beach, in dem sich Größen wie Jimi Hendrix, John Mayall oder Bob Dylan die Klinke in die Hand gaben. Bald trat er selbst regelmäßig im Golden Bear und in so ziemlich jedem Club in Kalifornien auf, traf eines seiner größten Vorbilder Albert King und spielte sogar mit seinem anderen Vorbild, dem legendären B.B. King. Weitere Einflüsse sind Elmore James, Robert Johnson, Alexis Korner, Freddie King und Charlie Patton.
Begeistert vom British Blues Boom der 60er und 70er Jahre, zog Stephen Dale Petit Mitte der 80er ins britische London, um fortan in dem Land, das, wie er sagt, einen ebenso wichtigen Einfluß auf den Blues hatte wie dessen afroamerikanische Wurzeln, zu leben und arbeiten. In seiner neuen Heimat etablierte sich Petit rasch als fantastischer Gitarrist, trat u.a. mit Phil May (Pretty Things), David Gilmore (Pink Floyd) und Ian Stewart (Rolling Stones) in Mays „Friends“ Band auf und zählte schließlich die Musiker, die ihn maßgeblich beeinflußten – z.B. Eric Clapton, mit dem er ebenfalls spielte, oder Mick Taylor, mit dem er sich einige Jahre lang ein Appartment teilte und der auf drei seiner Alben („The Crave“, „BBC Sessions“ und „Cracking The Code“) Gastauftritte hatte – zu seinen Freunden.
Doch wenn der Blues sich richtig anfühlen soll, muß man ihn leben. Diesem Motto folgend, begann Stephen Dale Petit 2003 damit, als Straßenmusiker in der Londoner U-Bahn aufzutreten. Eine Entscheidung, die sein Freund Clapton als „wirklich bewundernswert“ bezeichnete. Von dem dort erspielten Geld veröffentlichte er 2006 sein erstes Album „Guitararama“, welches vom britischen Guitar & Bass Magazine zum „Album of the Year“ gewählt wurde.
Seither hat Stephen Dale Petit noch vier weitere hochgelobte Alben veröffentlicht, die gespickt sind mit Gastauftritten von namhaften Kollegen wie Dick Taylor, Max Middleton, Chris Barber, Howlin‘ Wolf-Gitarrist Hubert Sumlin, Dr. John, The Black Keys oder Ronnie Wood. Tourneen mit Walter Trout oder den Pretty Things untermauerten zusätzlich Stephen Dale Petits Ruf als Weltklasse-Gitarrist und als einen der wichtigsten Vertreter des modernen Blues. Besondere Aufmerksamkeit erlangte er 2010, als er ein Benefizkonzert zur Rettung des legendären Londoner 100 Clubs, Petits spirituellem Zuhause, in dem er mehr als 20 mal aufgetreten ist, organisierte. Dabei gelang es ihm nicht nur, den Club vor der Schließung zu bewahren, sondern auch – zum ersten und einzigen Mal – drei Generationen von Mitgliedern der Rolling Stones (in Person von seinen Kumpels Mick Taylor, Dick Taylor und Ronnie Wood) auf der Bühne zu vereinen.
Auch in Deutschland war Stephen Dale Petit über die Jahre schon mehrmals live zu sehen, z.B. als Special Guest der Pretty Things auf deren 2017er Tour, beim Hope Benefiz 2013 im Berliner Velodrom oder beim Rother Bluesfestival 2016.
Auf seinem neusten Album „2020 Visions“ präsentiert Stephen Dale Petit nun 13 weitere Perlen des „New Blues“, einer kernigen Mischung aus Blues, Folk, Rock, die er teilweise auch mit Pop-Punk Attributen garniert. Da wäre z.B. Petits aufregende Version von Blind Willie Johnson’s „The Soul Of A Man“, zu dem die fantastische Shemekia Copeland ihre Stimme beigesteuert hat und der großartige Paul Jones an der Blues Harp zu hören ist. Oder das treibende „Sputnik Days“, mitkomponiert von Mick Taylor und genau der richtige Song für schnelle Autobahnfahrten. „Steppin‘ Out“ entfaltet die ganze Magie der hohen Kunst des Gitarrenspiels, während „Zombie Train“ groovt, was das Zeug hält. Und wer sich fragt, wer Stephen Dale Petit im Intro des Songs „The Ending Of The End“ seine Geburtstagsglückwünsche übermittelt: Es handelt sich um keinen Geringeren als Sir Ringo Starr, der es sich nicht nehmen ließ, hier einen Cameo-Auftritt abzuliefern. Mal richtig heavy, mal melancholisch, getoppt von kritischen, nachdenklichen, ehrlichen Texten, gehen die Songs von Stephen Dale Petit direkt in die Ohren, ins Hirn und in die Beine.
Stephen Dale Petit liebt und lebt den Blues, in allen seinen Facetten. Deshalb tourt er auch schon seit Jahren durch die Universitäten in Großbritannien und gibt dort Masterclass-Vorlesungen inkl. Auftritte, um den jungen Leuten den Blues näherzubringen. Und wer wäre besser dazu prädestiniert, etwas über den Blues zu erzählen, als jemand, der ihn tatsächlich durchlebt hat? – Eben.
Tracks
1 2020 Visions
2 The Fall of America
3 Roxie’s Song
4 Soul of a Man (feat. Shemekia Copeland & Paul Jones)
5 On Top
6 Long Tall Shorty
7 Raw
8 Tinderbox
9 The Ending of the End
10 Steppin‘ Out
11 Makin‘ It
12 Sputnik Days
13 Zombie Train
Stephen Dale Petit „2020 Visions“
333 Records