The Shadow Lizzards „Someone’s Heartache“

The Shadow Lizzards sind drei hochtalentierte Musiker aus Nürnberg, die mit „SOMEONE‘S HEARTACHE“ ihr zweites Album vorlegen. Ihren Stil bezeichnen sie selbst als „Vintage Rock“ – ein ebenso simpler wie passender Begriff für den 60er- und 70er-beeinflussten Sound, der sich aus Elementen wie klassischem Hard- beziehungsweise Bluesrock sowie Psychedelic-Klängen zusammensetzt, aber trotzdem zeitgemäß und alles andere als altbacken daherkommt.

Ihr selbstbetiteltes Debüt von 2018 bereitet bis heute großen Spaß. Liefert es doch jede Menge wie für die Bühne geschrieben klingende, herrlich ungestüme Nummern. Diese bestechen mit kraftvoll-rauem Charme, der die Nähe zu den Vorbildern aus der Vergangenheit, aber genauso kontemporären Stars der Blues- und Retro-Rock-Schiene, wie etwa den Briten The Brew, gar nicht zu verdecken suchte.

Mit „SOMEONE‘S HEARTACHE“ macht das aus Jochen Leistner (Gesang, Orgel, Bass, Mundharmonika), Kris Karla (Gitarre) und Oliver Pfeiffer (Schlagzeug, Percussion) bestehende Trio indes nicht nur künstlerisch und klanglich, sondern auch hinsichtlich der stilistischen Bandbreite riesige Schritte nach vorn. Das 2015 von Leistner gegründete Trio präsentiert nun acht Stücke, die denen internationaler Genre-Größen absolut Auge in Auge gegenübertreten können.

Denn anspruchsvolle Arrangements und Ohrwurm-Charakter müssen sich nicht zwangsläufig ausschließen. Den Beweis dafür liefern Tracks wie der flott funkige „Train Song“, das atmosphärisch startende, dann mit cleveren Americana-Versatzstücken aufwartende, schließlich echten Hymnencharakter entwickelnde „No One Can Save Me“ oder der satt groovende, mit einem epischen Solo und immer mal wieder clever anziehendem Tempo auftrumpfende Bluesrocker „Who is Who“.

Mit dem neuen, in Eigenregie aufgenommenen Werk hat man sich eine unverwechselbare Identität erschaffen. „Wir sind seit dem ersten Versuch als Instrumentalisten, Songschreiber und Arrangeure gereift“, resümiert Leistner. Damit bringt er auf den Punkt, weshalb SOMEONE‘S HEARTACHE fast wie von einer anderen Band klingt. „Alles ist songlastiger komponiert, kommt deshalb nicht mehr so kantig daher. Dazu haben wir uns mehr auf den Gesang konzentriert, weniger auf möglichst ausladend lange Soli. Wobei davon natürlich weiterhin diverse zu hören sind“, lacht er. „Und wir sind allgemein abwechslungsreicher geworden. Ich denke, dass sich kein einziges Lied auf der Platte so ähnlich anhört wie ein anderes.“

Für das geneigte Rock-Publikum gibt es in der Tat jede Menge Vielfalt zu genießen, denn die neuen Kompositionen unterscheiden sich nicht nur stark voneinander, sondern bergen in sich selbst eine Menge Überraschungen. „Das ist mir schon wichtig“, erklärt Leistner. „Nicht nur fürs Publikum, auch für uns als Musiker wäre es doch traurig, wenn man bereits nach 30 Sekunden sicher sein kann, wie ein Titel weiter beziehungsweise zu Ende geht.“

The Shadow Lizzards agieren hier mutig und mit einer erstaunlichen Sicherheit in Bezug auf Tempowechsel, Stilbrüche und Laut-Leise-Kontraste. Dabei klingt alles immer zu 100 % organisch, nie verkopft oder gar irgendwie erzwungen. Die Leichtigkeit, mit der die allesamt mit unterschiedlichen Vorlieben und Einflüssen ausgestatteten Musiker so harmonisch vorgehen, ist spürbar.

Leistner nahm bereits im Grundschulalter Klavierunterricht, seine musikalische Sozialisation verdankt er aber der Plattensammlung seines Vaters, die vor allem klassischen Rock wie Steppenwolf, The Doors, Jimi Hendrix oder Deep Purple umfasste. Speziell Jon Lord, das leider mittlerweile verstorbene Hammondorgel-Genie der letztgenannten Legenden, nennt der Franke als seinen persönlichen Helden. Drummer Oliver Pfeiffer steht neben Rock (bis vor kurzem spielte er parallel noch in einer Hendrix-Tribute-Band) primär auf amerikanischen Soul der 1960er. Der 2019 zur Band gestoßene Gitarrist Kris Karla schließlich hat laut Leistner „einen sehr gemischten Musikgeschmack“. Was erklären dürfte, weshalb er immer mal wieder mit herrlich abseitigen Ideen ankommt, die dann in Gemeinschaftsarbeit stimmig in das Klanggefüge der Gruppe eingebunden werden.

Natürlich wird bei The Shadow Lizzards auf der Bühne Abwechslung ebenfalls groß geschrieben. Nach mittlerweile über 100 Live-Shows – auf eigene Rechnung in Clubs, bei Festivals sowie im Vorprogramm bekannter Acts wie Deep-Purple-Keyboarder Don Airey, den Heavy-Psychern Elder, den Neo-Krautrockern Wucan oder des Siena-Root-Ablegers Heavy Feather – haben die drei Herren auch in der Live-Situation großes Selbstbewusstsein entwickelt. „Wir mögen es zu improvisieren“, führt der Bandleader weiter aus. „Natürlich sind die Songs immer noch problemlos wiederzuerkennen. Aber die Studioversionen sind im Rahmen einer Show eher eine Art Leitfaden. Ich kann es nach der langen, COVID-bedingten Pause nicht erwarten, wieder regelmäßig zu spielen.“

Es wird spannend sein zu beobachten, wohin die drei die Inspiration trägt, wenn sie ihre neuen Titel live zum Besten geben. „Neben ersten kleinen Release-Shows arbeiten wir daran, eine echte Tournee auf die Beine zu stellen, die uns in möglichst viele Orte Deutschlands und eventuell in das eine oder andere Nachbarland führen wird“, verrät Leistner. Bis es soweit ist, sollte SOMEONE‘S HEARTACHE jeden Fan kerniger Rockmusik und ehrlich emotionaler Bluesklänge hervorragend unterhalten.

Tracks
1 Stardust
2 You can’t runaway from your soul
3 Ricochet
4 Someone’s heartache
5 No one can save me
6 Train song
7 Who is who
8 Home or lost

The Shadow Lizzards „Someone’s Heartache“
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