Väter, Mütter und Dämonen – Roman Ehrlich beschreibt eine Jugend in den Neunzigern.

»Videotime«, so hieß die Videothek, in der Roman Ehrlichs Erzähler mit seinem Vater zahllose Filme auslieh, um sie zu Hause auf Leerkassetten zu überspielen. Es sind die neunziger Jahre in einer bayerischen Kleinstadt, deren scheinbar friedliche Ordnung vom Unheimlichen der Filme in ein anderes, fremdartiges Licht getaucht wird. Was zum Beispiel war damals mit den Vätern und Müttern los, die in Justizvollzugsanstalten oder Autohäusern arbeiteten und in ihrer Freizeit die eigenen Kinder auf dem Tennisplatz mit harten Drills trainierten oder hoffnungslos dem Zucker verfallen waren?

Welche Rolle spielte man selbst dabei, wenn man jung war und die eigene Welt nur so zu wimmeln schien von Außerirdischen und Besessenen? »Videotime« ist eine Geschichte in auffallend schöner Sprache über die Gesichter und Leerstellen, die sich hinter unseren Masken und Selbstbildern verbergen. Ein beeindruckender, mit großer Souveränität erzählter Roman, der die Frage aufwirft, in welcher Zeit und Welt wir eigentlich leben – und in welcher Haut.

Autor
Roman Ehrlich
, geboren 1983 in Aichach, aufgewachsen in Neuburg an der Donau, studierte am Deutschen Literaturinstitut Leipzig und an der Freien Universität Berlin. Bislang sind von ihm die Bücher ›Das kalte Jahr‹ (2013), ›Urwaldgäste‹ (2014), ›Das Theater des Krieges‹ (2017, mit Michael Disqué) und ›Die fürchterlichen Tage des schrecklichen Grauens‹ (2017) erschienen. 2020 erschien sein Roman ›Malé‹, der auf der Longlist des Deutschen Buchpreises stand.

Videotime
Autor: Roman Ehrlich
368 Seiten, gebunden
S. Fischer
Euro 26,00 (D)
ISBN 978-3-10-397197-2