Durch Deutschland
Von West nach Ost, von Süd nach Nord: In zwei Wanderungen und 101 Tagen ist der renommierte GEO-Fotograf und vielfach ausgezeichnete Fotojournalist Andreas Teichmann durch Deutschland gewandert: von Aachen nach Zittau, von Oberstdorf nach Sylt. Sein neuer Bild- und Erzählband „Durch Deutschland“ lässt die zufälligen und oft intensiven Begegnungen in Fotografien und Interviews lebendig werden.
Andreas Teichmann wollte es wissen: Wie das ist, wenn man 50 Tage draußen ist, morgens nicht weiß, wo man abends schläft und jeden Tag läuft, läuft, läuft – bei Regen und Wind, Kälte und Hitze. „Entschleunigung pur“ hat er erfahren. Die selbst gewählte Langsamkeit führte ihn mit Menschen zusammen, die er motorisiert niemals getroffen hätte. O-Töne, die mit dem Smartphone abgerufen werden können, machen sein Wanderabenteuer auch akustisch erlebbar: Andreas Teichmanns Porträts von Menschen und Landschaften zeichnen ein vielschichtiges Bild der Republik.
Keine seiner Begegnungen war geplant. „Wäre ich einen Tag oder auch nur eine halbe Stunde früher oder später losgegangen – ich hätte vermutlich ganz andere Begegnungen gehabt und völlig andere Bilder fotografiert“, sagt der Fotograf. So traf er Menschen mit unterschiedlichsten Berufen, Tätigkeiten, Nationalitäten und jeden Alters – vom zweijährigen Anton Eckl, der mit seinen Eltern im Wald wandert und am liebsten immer sein Lieblingsspielzeug, einen Akkubohrer bei sich trägt, bis zur 90-jährigen Friederike Mörtl, die eine Pension in Bayern führt. Und wen traf er draußen am häufigsten? „In Deutschland läuft man unglaublich viel durch Wald, da trifft man regelmäßig Forstarbeiter“, sagt Teichmann, „Mütter mit Kinderwagen trifft man auch viel. Aber am häufigsten sieht man Hundebesitzer.“ Seine Begegnungen waren immer positiv. „Ich rede einfach gerne, aber noch lieber höre ich zu“, erklärt Andreas Teichmann, der immer wieder Gastfreundschaft erfuhr und eingeladen wurde: zu einem Getränk, einer Bratwurst oder einfach zu einem schönen Gespräch.
Die Entschleunigung wird auch in der Art seiner Fotografie deutlich. Teichmanns Kamera an sich nimmt schon mal gehörig Tempo raus. Seine hochauflösende Großformatkamera mit Stativ wiegt fast vier Kilogramm. Bis sie aufgebaut ist, vergehen einige Minuten. Das ist alles andere als spontane Schnappschussfotografie. „Ich wähle möglichst in Ruhe den Ausschnitt, komponiere das Bild“, sagt Andreas Teichmann und ergänzt: „Ich baue so eine Bühne für meine Protagonisten.“ Gestellt wirken seine Bilder deswegen nicht. Eher so, als hätte jemand die Zeit angehalten. So lässt er mit seiner Kamera Gemälde entstehen, die in ihrer Ruhe und ihrem Detailreichtum viel von der Intensität der Begegnung vermitteln. Oder, wie es der Autor Bernd Müllender, Mitwanderer in Teilzeit, ausdrückt: „Hätte Caspar David Friedrich eine Kamera gehabt – er hätte in etwa so fotografiert.“
„Durch Deutschland“ ist eine Hommage an das Wandern, das Gehen, das Hin-Sehen, die Begegnung. Ein Buch, das anregt, sich selbst auf den Weg zu machen.
Autor
Andreas Teichmann, Jahrgang 1970, lebt mit seiner Familie in Essen. Dort studierte er an der Folkwang Universität der Künste, seit 1997 arbeitet er als selbstständiger Fotograf. Mit Leidenschaft und Nachhaltigkeit widmet er sich vor allem Projekten, die den Menschen und seine Umwelt untersuchen.
Durch Deutschland
Autor: Andreas Teichmann
120 Seiten, gebunden
Edition Bildperlen
Euro 55,00 (D)
ISBN 978-3-96546-010-2