Syml „The Day My Father Died“

Symls Musik hat eine ehrwürdige Qualität, die Thematik dreht sich um den Instinkt, sich zu Zufluchtsorten hingezogen zu fühlen, egal ob dies ein Ort oder eine Person sei. „Es geht um das Mensch sein, im Laufe der Zeit teilen wir alle denselben Impuls“ erklärt Syml, der bürgerlich Brian Fennell heißt. Seine Kindheit war geprägt von Momenten der Verlassenheit, Adoption, Verlust, Trauer und Liebe und genau dies veranlasst ihn zu fragen, wie uns Verbindungen zu Menschen als Individuen verändern.

„Wir haben diese tolle Eigenschaft bei Bewusstsein zu sein und zu wissen, was es bedeutet, hier zu sein“ sagt der 39-Jährige. Diese Perspektive half ihm den Tod seines Adoptivvaters im Jahre 2021 zu verarbeiten und für dessen Familie und Freunde da zu sein. Dies spielt sich auf seiner tief bewegenden EP „DIM“ ab, welche in dem Jahr geschrieben und veröffentlicht wurde. ,,Beide Alben sind fast zur selben Zeit entstanden, aber der Unterschied ist, dass die EP den Schmerz und die Verwirrtheit mit sich trägt und das Album fröhlicher ist, zumindest für mich.“

„The Day My Father Died“ ist ein einzigartiges Album. Auf über 15 Songs bietet Syml eine tiefgründige Erkundung der Verknüpfungen unseres Lebens. Das Album startet mit dem hingebungsvollen ,,Howling“, ein sich stetig entfaltender Lobgesang getragen von seinem unverwechselbaren Falsetto: „Keep me howling, baby / I’ll be your beast, I’ll be your dog / Keep me howling, baby / And I’ll keep begging you for more“. Seine stimmliche Akrobatik wird von Gospel Harmonien umgarnt, was sich zu einem ekstatischen Chor entwickelt, vermischt mit Fennell’s Gänsehaut erregendem Ausruf: „My blood and my body will sing out your praises / Save me, save me, save me.

„Es geht darum, seinen Partner zu verehren und von deren Schönheit gerettet werden zu wollen“ erzählt er über den Track. „Die Vorstellung unersättlich zu sein…uns wird oft gesagt, dass dies ein sündhafter Gedanke wäre, etwas Hedonistisches. Aber man ist dieser Sturm der Sexualität und Erfüllung – man ist erfüllt durch jemand anderen. Ich liebe diesen Sturm.“

Auf dem Album verwendet Syml vertraute Bilddeutungen um seine Gefühle gegenüber anderen und sich selbst zu durchleuchten. Er wuchs auf in Seattle um ging nur zur Kirche, weil er es als einen „Geselligkeitsverein“ sah und dort die Gelegenheit hatte vor Publikum Gitarre zu spielen. Auch wenn er seit er zurückdenken kann weiß, dass er adoptiert wurde – „es war genauso ein Teil meiner Identität wie mein Name“ – fing er an mit Gefühlen der Verlassenheit zu kämpfen als er 18 Jahre alt wurde. ,,Ich hatte sehr viel Selbstvertrauen, aber zur selben Zeit fühlte ich mich entblößt“ sagt er. „Um die Zeit wurde Musik ein großer Zeil meines Lebens, weil ich es benutzte, um meine Gefühle zu kommunizieren.“ Im selben Jahr erhielt er einen sechsseitigen Brief seiner biologischen Mutter und fand heraus, dass sie und sein biologischer Vater aus Wales stammen (Syml ist das walisische Wort für simpel“). Der Brief enthielt Lücken, wo sein Name stehen sollte: „Das traf mich. Ich war dieses namenlose Ding und glücklicherweise nahm mich jemand unter seine Fittiche.“

Auf dem liebevollen Track Sweet Home“ zollt er seinem Adoptivvater Tribut mit Hilfe von nostalgischen Referenzen zu Songs von Simon and Garfunkel, Crosby, Stills and Nash, die er in seinem Elternhaus spielte. Das sanfte Zupfen der Saiten ähnelt süß duftenden Blumen und die Harmonien schweben daher sehr schnell* sagt Brian. „Das Gefühl wie Wolken in der Sommerbrise. „Es ging sehr schnell“ sagt Brian. „Das Gefühl von zuhause ist so verschieden, wie wir selbst. Jemanden zuhause wieder willkommen zu heißen ist wie ein Ort des Friedens, wortwörtlich und metaphorisch. Es ist wie ein Wunsch für Menschen, vor allem jetzt, da so viele in Regionen wohnen in denen Häuser zerstört werden oder in Gefahr schweben.“

Einer der faszinierendsten Songs auf dem Album ist Curdoroy“ – eine Rückbesinnung an seine Kindheit. „Es vermittelt ein mütterliches Gefühl, finde ich“ sagt er. „Sich in die Position wieder zu versetzen, gibt einem eine Art moralischen Neustart, als wenn man den Filter einer Mutter bräuchte. Meine Mentalität als Elternteil ist, komme was wolle: entscheide dich dafür zu lieben. Der Titel Track steigt dagegen in die Höhe mit heiterem Gitarrenzupfen und Symls herausforderndem, lebensbejahenden Ruf, der an die Worte seines Vaters erinnert: „I want to show you that life comes in circles / I want to show you life / Drink all your whisky and spend all your money / And let no one steal your shine.

„Es ist eher eine Zelebration als Trauer“ sagt Brian. „Wenn eine Person, die einem nahe steht, nicht mehr da ist, denkt man sich: Mein Leben wird sich dadurch jetzt verändern.“ Er erklärt, dass es weniger eine neues Ich“ Erfahrung ist und eher aussagt „Wie ändert sich mein Fokus, wie gestalte ich mein Leben nach diesem Ereignis?“ Die, die uns nahestehen sind wie eine Linse für uns – sobald sie entfernt wird, ist es sofort bemerkbar und man sieht und hört die Dinge anders.“

„Tragic Magic“ beschäftigt sich mit dem Moment, wo einem die Augen geöffnet werden und man die brutale Realität sieht. „Es geht um die Vermarktung des Christentums in den Neunzigern“ erklärt er. „Ich habe nie dafür gebrannt, aber ich war ein Teil davon – ich bin da einfach reingefallen! Wenn man zurückblickt und sieht wie viel Geld und Aufwand in diese Industrie geflossen ist und Einfluss auf junge Seelen hat… vielleicht hat es mich vor einem anderen Weg beschützt aber im Grunde ist es eine Zaubershow und man ist ein gewillter Teilnehmer. Ich glaube der Kern meiner Musik ist, so ehrlich wie möglich zu sein in Bezug auf meine eigenen Erfahrungen“ sagt er. Mit diesem Album möchte ich die Mauern zwischen uns und unseren Erfahrungen niederreißen.

Tracks
1 Howling
2 Believer
3 Laughing at the storm
4 Sweet home
5 Lost myself
6 The day my father died
7 Feel your pain
8 Tragic magic
9 Chariot
10 Marion
11 Better part of me
12 Baby don’t lie
13 You and I
14 Caving in
15 Corduroy

Syml „The Day My Father Died“
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