Lou-Duo „Souvenir“

Die Musik von SOUVENIR formt eine imaginäre Reise. In der symmetrischen Formanlage des Albums folgen wir einer sorgfältig entworfenen Abfolge von Stimmungen. Diese bilden sich aus Erinnerungen an Reisen und Orte, entfliegen ab und an ins Abstrakte, nur um uns dann wieder umso machtvoller mit neuer Brisanz zu packen. Das originell besetzte Ensemble schillert in überraschenden Farben von Unisoni, Linienschichtungen und Register-Mosaiken. Die Musik gleitet oder springt zwischen zarten, dichten und druckvollen Texturen hin und her. Jedes Instrument – und jede/r Musiker/in! – darf in immer wieder wechselnde Rollen schlüpfen.

Die armenischen Volkslieder „Hoy Nazan“ und „Bingyol“ entstammen der mehr als 3000 Lieder umfassenden Sammlung des Priesters, Sängers und Komponisten Komitas Vardapet, der als Begründer der modernen klassischen Musik Armeniens gilt. In „Hoy Nazan“ heißt ein junger Mann seine Liebe willkommen und singt Komplimente für das Mädchen. Das Stück beginnt mit dem puren Trio der Gastmusiker, breitet dann den „orchestralen“ Klang des gesamten Ensembles aus. „Bingyol“ – ein Volkslied über das Dorf der 1001 Quellen: „Wenn sich die grünen Türen des Frühlings öffnen, singen die Quellen von Bingyol wie eine Leier … Ihr Herz ist zurück in Bingyol geblieben und weint vor Sehnsucht“.

Mit „Geburah“ eröffnen Jonas Sorgenfrei und Felix Schneider-Restschikow im Duo die Stimmungsreise. Mit dem Wechsel schwebend ätherischer Klänge und machtvollem Donner stimmen sie den Hörer auf die kommenden musikalischen Erlebnisse ein. „Dorogoi v Pavlovku“ spiegelt in einem zart-vielschichtigen Gewebe hinter der Violoncello-Melodie die erwartungsvolle Freude und Unsicherheit einer Reise in das kleine sibirische Dorf Pavlovka. „Wospominanije“ schlägt als expressives Trauerlied eine Klammer zurück zu den Ereignissen im Dorf Pavlovka. „Takin’ the Bird Train“ greift erst die Energie des vorangegangenen Stückes auf, startet dann neu aus einem Harfen-Monolog und steigert im Schlagzeugsolo die Reise-Nervosität zum Wirbel eines aufflatternden Vogelschwarms. Aus dem flirrenden Intro von „Distant Land“ platzt eine energetisch-vertracktes Thema und schickt dann Harfe und Klavier auf einen Flug durch Landschaften und Zeiten. Aus einer beschwörenden Akkordfolge des Klaviers erstehen in „Awake“ Ensemble-Geisterklänge und umrahmen einen Moment der Klarheit im Violoncello-Gesang. Mit dem „Rondo alla Cocek“ beenden Jonas Sorgenfei und Felix Schneider-Restschikow wieder im puren Lou-Duo (und geradezu nonchalant) die Reise mit einer raffiniert-ironischen Mozart-Hommage.

Im Lou-Duo nutzen Jonas Sorgenfrei und Felix Schneider-Restschikow ausgiebig die Freiräume unmittelbarer musikalischer Kommunikation. Wilde Improvisation kann neben ausgefuchsten Arrangements stehen und letztere entwickeln sich meist direkt aus dem intensiven Zusammenspiel – ohne Umwege über Notation. Souvenir zeigt mit seiner Farben- und Formvielfalt aber auch handwerkliches Können und künstlerische Vorstellungskraft in der Organisation eines durchaus ungewöhnlichen Ensembles. Die Instrumente Violoncello, Harfe, Klavier und Schlagzeug treffen in immer wieder neuen Rollenverteilungen, Tiefenstaffelungen und Registerkombinationen aufeinander – von kammermusikalischer Zartheit bis hin zu nahezu orchestraler Wucht.

Die Musiker*innen von Souvenir haben bereits in verschiedenen anderen Kombinationen und Ensembles miteinander gearbeitet und sind es gewohnt, unterschiedlichste musikalische Einflüsse in neue, eigene Ausdrucksformen einzubringen. Ein großer gemeinsamer Nenner ist die (vielfach preisgekrönte) solidarische Musikschule „Willkommen mit Musik“ in Würzburg, an der sowohl Felix Schneider-Restschikow, als auch Jonas Sorgenfrei und Nectaria Delgadillo unterrichten und an der Ioanna Gkrigkorian Schülerin war.

Lou-Duo „Souvenir“
Label 11